Projektbericht: Aufsuchende Demokratiebildung
Zahlen. Daten. Fakten.
Eckdaten
Projektträgerin: Katholische Erwachsenenbildung Diözese Rottenburg-Stuttgart e.V. (keb DRS)
Umsetzung: keb DRS in Kooperation mit der Diözesanen Arbeitsgemeinschaft für Erwachsenenbildung e.V. (Diag KEB FR e.V.), Bildungswerk der Erzdiözese Freiburg und Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg
Laufzeit: 01.01.2019 – 31.12.2021.
Das Projekt wurde mit Mitteln des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport in Baden-Württemberg gefördert.
Ziele und Zielgruppe
Ziele:
- Entwicklung neuer Formate der aufsuchenden politischen Erwachsenenbildung für und mit Menschen in prekären Lebenslagen und/oder vulnerablen Lebenssituationen
- Sensibilisierung für und Abbau von institutionellen Barrieren
Das Projekt reagierte auf Bestandsaufnahmen, die zeigen, dass Menschen in prekären und/oder vulnerablen Lebenssituationen von herkömmlichen Formaten politischer Bildung bisher kaum erreicht werden. Durch die Zusammenführung von aufsuchenden Methoden und Formaten wie sie beispielsweise im Bereich der Aufsuchenden Weiterbildungsberatung entwickelt worden sind und Konzepten der politischen Bildungsarbeit wurde im Rahmen des Projekts eine methodisch-pädagogische Herangehensweise entwickelt, die sich mit ihrem aufsuchenden Charakter an den Lebenswelten und Biographien der Adressat*innen orientiert, um bisher wenig erreichte Zielgruppen besser zu erreichen.
Hintergrund ist die Erkenntnis, dass Bildungseinrichtungen durch die Art und Weise, wie sie Angebote gestalten, und ihre institutionalisierte Kultur bildungsbenachteiligte Menschen oft ausschließen. Anliegen des Projekts war neben der Erprobung neuer aufsuchender Formate deshalb auch die Thematisierung von Barrieren und Exklusionsmechanismen. In Kooperation mit den beteiligten Bildungseinrichtungen sowie den beteiligten Fachkräften und studentischen Mitarbeiter*innen wurde auf eine Sensibilisierung und einen Perspektivwechsel hingewirkt. Dahinter steht das Anliegen, den Grundsatz "Bildung für alle" als Fundament kirchlicher Bildungsarbeit auch für den Bereich der politischen Bildung umzusetzen
* Im Zeitraum von Oktober 2020 bis April 2021. In diesem Zeitraum wurden die Veranstaltungen des Projekts in Kooperation mit der Evangelischen Hochschule Freiburg unter der Leitung von Prof.in Dr.in Nina Wehner evaluiert.
Was wir unter Demokratiebildung und aufsuchender Bildungsarbeit verstehen
Demokratiebildung zielt auf die Vermittlungen demokratischer Werten und Wissengrundlagen. Sie arbeitet mit partizipativen Ansätzen und zielt auf den Erwerb demokratischer Kompetenzen, das heißt auf Kompetenzen, die politisches Denken und Handeln ermöglichen. Die gemeinsame Schnittmenge zwischen Demokratiebildung und politischer Bildung ist groß.
Der Grundgedanke aufsuchender Bildungsarbeit ist, Menschen in ihrer Lebenswelt anzutreffen und Veranstaltungen und Aktionen an ihren Lebenswirklichkeiten auszurichten. Sie versucht bestehende soziale, kulturelle und/oder physisch-räumliche Distanz zu potenziellen Teilnehmenden durch aktives Hingehen zu überwinden. Die Zusammenarbeit mit sogenannte Brückenmenschen (vertraute Personen aus dem näheren Umfeld der potenziellen Teilnehmenden wie z.B. Sozialarbeiter*innen) spielt eine wichtige Rolle für den Aufbau vertrauensvoller und tragfähiger Beziehungen. Aufsuchende Bildungsangebote sind an den Biografien und Lebenssituationen der Teilnehmenden orientiert. Sie sind lebensweltbezogen und handlunsorientiert.
Projektbausteine
Ein erster Baustein beinhaltete Veranstaltungsangebote für und mit Menschen in prekären Lebenslagen und/oder vulnerablen Lebensphasen. Zentral für den Ansatz des Projekts war die Zusammenarbeit mit sogenannten Brückenmenschen bzw. Vertrauenspersonen, die mit entsprechenden Zielgruppen arbeiten und die Veranstaltungsangebote zusammen mit ihren Gruppen wahrnehmen konnten.
Anliegen der Veranstaltungen war es, den Teilnehmenden zu ermöglichen, sich anhand von Erzählungen über eigene Erfahrungen und biografische Erlebnisse, einen Zugang zu politischen Fragestellungen zu erarbeiten und zugrunde liegende strukturelle Probleme zu erkennen. Das zugrunde liegende Konzept verfolgte einen neuen demokratiepädagogischen Ansatz, der Methoden des biografischen und kollektiven Lernens kombiniert und bei dem das Bildungsformat als Prozessgeschehen angelegt ist. Thematisch orientierten sich die Veranstaltungen an den Lebenswelten der Teilnehmenden und griffen Themen auf wie:
- Demokratie, und jetzt? (Un-)Möglichkeiten politischer Teilhabe
- Das ist Arbeit für mich! Tätigkeit und Leistung in der gegenwärtigen Gesellschaft
- Errungenschaften verteidigen! Gleichberechtigung und Gewaltschutz in aktuellen Zeiten
- Wie sehe ich die Welt? Meinungsfreiheit zwischen Glauben und Fakten
Während der Veranstaltungen sollten die Teilnehmenden kreativ und niedrigschwellig politische Forderungen z.B. zur Armutsbekämpfung und der Verbesserung ihrer Lebenssituation erarbeiten. Aus den Ergebnissen der Veranstaltungen entstand die "Postkarten-Aktion".
Im März 2020 wurde das Projekt von den Entwicklungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie eingeholt. Eine Umsetzung klassischer Formate aufsuchender Bildungsarbeit war unter Pandemiebedingungen nicht möglich. Auf die Einschränkungen reagierte das Projekt zum einen mit der Entwicklung eines E-Learning-Formats der politischen Erwachsenenbildung. Zum anderen wurden rund um die Landtagswahl 2021 Live-Online-Veranstaltungen entwickelt und durchgeführt.
Ein dritter Baustein des Projekts zielte darauf ab, Aktivitäten im Bereich der aufsuchenden Demokratiebildung zu vernetzen, und bei Ideen unterstützend und beratend tätig zu sein. Daneben zielte die Arbeit im Rahmen dieses Projektbausteins auf die Thematisierung von Barrieren und Exklusionsmechanismen, die bildungsbenachteiligte Menschen von der Teilnahme an Bildungsangeboten ausschließen oder diese erschweren. In Kooperation mit den beteiligten Bildungseinrichtungen sowie den beteiligten Fachkräften und studentischen Mitarbeiter*innen wurde auf eine Sensibilisierung und einen Perspektivwechsel hingewirkt.
Zentrale Erkenntnisse aus dem Projekt
Für den Zugang zu den Adressat*innen des Projekts war die Kombination aus aufsuchendem Format und der Einbindung von Fachkräften der Sozialen Arbeit als Vermittler*innen wesentlich. Die Fachkräfte fungierten als Bindeglied zwischen Projekt und Zielgruppe; die Vertrauensbasis, die sie sich durch ihre intensive Arbeit mit der Zielgruppe erarbeitet haben, war ein wichtiger Gelingensfaktor für die erfolgreiche Durchführung von Veranstaltungen. Sie konnte beispielsweise helfen kritische und schwierige Situationen im Veranstaltungsverlauf zu deeskalieren. Für die inhaltliche und methodische Ausgestaltung der Veranstaltungen waren die Fachkräfte als Expert*innen der Lebenswelt der jeweiligen Zielgruppen wichtige Partner*innen. Eine intensive Vor- und Nachbereitung der Veranstaltungen mit den Fachkräften (persönliches Gespräche, Besuch der Einrichtung) stellte sich in diesem Zusammenhang als ein weiterer wichtiger Gelingensfaktor heraus.
Auch Kinderbetreuung und die Rücksichtnahme auf eine zeitliche Vereinbarkeit von Berufstätigkeit und Teilnahme an der Veranstaltung tauchten im Projektverlauf als Gelingensfaktoren auf.
Im Rahmen der Evaluation wurde deutlich: Die entwickelte Herangehensweise hat besonders für den ländlichen Raum ein erhebliches Potential den Zugang zu Adressat*innen Sozialer Arbeit für Angebote politischer Bildung zu steigern.
Für die inhaltliche Erreichbarkeit der Zielgruppe bzw. im Zusammenhang des Projekts ganz konkret: Für die Erreichung des Ziels, durch politische Bildung zu politischer Partizipation zu gelangen, stellte sich neben dem physischen Zugang zur Zielgruppe Kontinuität als ein wichtiger Gelingensfaktor heraus. Der Wunsch nach einer kontinuierlichen Zusammenarbeit war in diesem Zusammenhang auf Seite der beteiligten Fachkräfte hoch.
Ein weitere wichtiger Gelingensfaktor war die Überarbeitung verwendeter Informationsmaterialen: Vorliegendes Material war oft zu hochschwellig und musste inhaltlich lebensweltnah und sprachlich an die Zielgruppe angepasst werden.
Die digitale Umsetzung eines ganzheitlichen Bildungsansatzes erwies sich sowohl aus methodisch-didaktischer als auch aus (demokratie-)pädagogischer Perspektive als nur bedingt möglich. Die Beteiligung an entsprechenden Veranstaltungen innerhalb des Projekts ist mit einer Teilnehmer*innenzahl zwischen vier und 22 Personen eher gering ausgefallen.
Ein niedrigschwelliger Zugang zu mobilen Endgeräten und Internetzugang sowie gegebenenfalls technische Unterstützung bei fehlenden EDV-Kenntnissen stellten sich mit Blick auf die im Projekt erreichten Zielgruppen als ein wichtiger Gelingensfaktor heraus. Die beteiligten Fachkräfte waren generell offen dafür, an der Überwindung technischer Barrieren zu arbeiten. Hybride Veranstaltungen wurden als denkbare Lösung benannt: Begleitete Online-Teilnahme in den Einrichtungen der Fachkräfte mit dort zur Verfügung gestellten digitalen Endgeräten und digitaler Zuschaltung der Referent*innen bzw. Teamer*innen des Projekts.
Best-Practice-Beispiele: Bundestagswahl 2021
Zur Bundestagswahl 2021 wurden im Rahmen des Projekts unterschiedliche Formate der aufsuchenden Demokratiebildung umgesetzt. Hier stellen wir drei Best-Practice-Beispiele vor, die jeweils einen unterschiedlichen Ansatz verfolgen.
Ziele:
- Entwicklung eines partizipativen Formats zur Stärkung der demokratischen Teilhabe für und mit Menschen in prekären Lebenssituationen
- Qualifizierung von Menschen in prekären Lebenslagen für Peer-to-Peer Veranstaltungen
- Ermöglichung, sich an demokratischen Prozessen zu beteiligen
- Stärkung der demokratischen Handlungsfähigkeit
- Erfahrungen politischer Selbstwirksamkeit ermöglichen
Zielgruppe: (langzeit)arbeitslose Menschen
Beschreibung:
Mit Blick auf Veranstaltungen auf dem Weg zur Bundestagwahl im September 2021 wurde ein Mentor*innen-Programm für (langzeit)arbeitslose Menschen umgesetzt. In Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung wurden (langzeit)arbeitslose Menschen in einer festen Gruppe in einem 6-wöchigen Programm zu Demokratie-Mentor*innen ausgebildet. Im Anschluss setzen die Teilnehmer*innen zwei Peer-to-Peer-Veranstaltungen zur Bundestagswahl um.
Wer wurde erreicht?
An der Ausbildung zur Demokratie-Mentor*in nahmen insgesamt 12 Personen teil. Im Anschluss an die Ausbildung fand in den beteiligten Einrichtungen jeweils eine Peer-to-Peer-Veranstaltung zur Bundestagswahl im Rahmen der Gruppenangebote für (langzeit)arbeitslose Menschen statt, an der insgesamt 20 Personen teilnahmen.
Kooperationspartner
- Für die Gestaltung des Programms: Sozialunternehmen Neuen Arbeit in Stuttgart
- Für die Gewinnung der Zielgruppe (Arbeitsgelegenheiten nach §16 SGB II): WABE in Waldkirch und Kubus3 in Freiburg
- Für die Umsetzung: Bildungswerk der Erzdiözese Freiburg und Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg
Ziele:
- Entwicklung eines partizipativen Formats zur Stärkung der demokratischen Teilhabe für und mit Menschen in prekären Lebenssituationen
- Über Demokratie und Werte ins Gespräch kommen
- Auseinandersetzung mit den eigenen politischen Anliegen
- Ermöglichung, sich an demokratischen Prozessen und Entscheidungen zu beteiligen
- Stärkung demokratischer Handlungsfähigkeit
- Erfahrung politischer Selbstwirksamkeit ermöglichen
Zielgruppe: Menschen in prekären Lebenslagen, insbesondere von Armut betroffene Menschen
Beschreibung:
Gemeinsam mit armutsbetroffenen Menschen wurden auf Veranstaltungen zur Demokratiebildung politische Forderungen zur Bundestagswahl 2021 formuliert. Im Anschluss wurden in unterschiedlichen sozialen Einrichtungen Umfragen durchgeführt, welche der Forderungen für die dort befragten Menschen die größte Bedeutung haben. Die ausgewählten Forderungen wurden als Postkarten gestaltet und gedruckt. Über das Sozialunternehmen Neue Arbeit in Stuttgart konnten soziale Einrichtungen in ganz Baden-Württemberg die Postkarten kostenfrei bestellen. Teilnehmer*innen aus den sozialen Einrichtungen hatten die Möglichkeit im Rahmen von Bildungsveranstaltungen Postkarten und ihre politischen Forderungen auszuwählen, auszufüllen und gegebenenfalls mit Begründungen und weiteren Forderungen zu ergänzen. Diese wurden im Anschluss an Kandidat*innen der zur Wahl stehenden Parteien versandt.
Wer wurde erreicht?
An den Veranstaltungen beteiligten sich circa 90 armutsbetroffene Menschen. 100 soziale Einrichtungen in ganz Baden-Württemberg bestellten im Anschluss insgesamt 3440 Postkartensets.
Kooperationspartner
- Für die Gewinnung der Zielgruppe: Caritas Baden-Württemberg und Diakonisches Werk Württemberg e.V.
- Für die Verteilung der Postkarten: Sozialunternehmen Neuen Arbeit inStuttgart
- Für die Umsetzung: Bildungswerk der Erzdiözese Freiburg
Ziele:
- Entwicklung eines offenen, aufsuchenden und partizipativen Peer-to-Peer-Formats
- Stärkung der demokratischen Teilhabe für und mit Menschen in prekären Lebenssituationen
- Begegnungsorte für politische Diskussionen im öffentlichen Raum schaffen
- Erfahrung politischer Selbstwirksamkeit ermöglichen
- Sichtbarmachen der politischen Anliegen von Menschen in prekären Lebenslagen
Zielgruppe: Menschen in prekären Lebenslagen
Beschreibung:
In zwei Septemberwochen 2021 waren Projektmitarbeiter*innen in Kooperation mit den Demokratie-Begleiter*innen des Sozialunternehmens Neue Arbeit in Stuttgart und dem Demokratiemobil der Diözese Rottenburg-Stuttgart in Stuttgart unterwegs, um an verschiedenen Standorten im öffentlichen Raum offene, niedrigschwellige Räume für Information und Austausch zur Bundestagswahl entstehen zu lassen.
Die Veranstaltungen kombinierten einen Peer-to-Peer-Ansatz und die Postkarten-Aktion mit einem aufsuchenden Geh-hin-Bildungsformat, das Menschen in ihrer Lebenswelt begegnen will. Mit dem Gelände des Sozialunternehmen Neue Arbeit, dem Parkplatz des Sozialkaufhaus Bad Cannstatt, dem CAP-Markt Hölderlinplatz, dem Bahnhof Zuffenhausen und dem Kulturwerk in Stuttgart-Ost wurden hierfür gezielt öffentliche Orte aus dem jeweiligen Sozialraum der Zielgruppe gewählt.
An den verschiedenen Standorten konnten sich Teilnehmende anhand von Informationsmaterial und Kandidat*innen-Steckbriefe über die Bundestagswahl und die zur Wahl stehenden Kandidat*innen informieren. Ausgedruckte Impulsfragen luden zum Nachdenken und Diskutieren ein, die Demokratie-Mentor*innen standen hierfür als Gesprächspartner*innen zur Verfügung. Mit Tablets konnten verschiedene digitale Formate rund um die Bundestagswahl ausprobiert werden (Wahl-O-Mat, Sozial-O-Mat, Klimawahlcheck, SWR-Kandidatencheck). Die Teilnehmenden konnten Forderungen und Wünsche an die Politik auf Plakaten festhalten oder sich an der Postkarten-Aktion beteiligen. Geladene Politiker*innen stellten sich in moderierten Austauschrunden den Fragen der Teilnehmenden und luden zum Dialog ein.
Die Veranstaltung war offen. Eine Anmeldung war nicht erforderlich.
Kooperationspartner
- Für die Gewinnung der Zielgruppe: Sozialunternehmen Neue Arbeit in Stuttgart
- Für die Umsetzung: Bildungswerk der Erzdiözese Freiburg, Hauptabteilung XI Kirche und Gesellschaft der Diözese Rottenburg-Stuttgart
Online-Formate
In Reaktion auf die Einschränkungen durch die Corona-Pandemie entstanden im Rahmen des Projekts zwei unterschiedliche Online-Formate. Ingesamt erwies sich die Umsetzung aufsuchender Demokratiebildung online als schwierig (siehe hierzu auch: Zentrale Erkenntnisse des Projekts).
Ziele:
- Entwicklung eines partizipativen Live-Online-Formats zur Stärkung der demokratischen Teilhabe für und mit Menschen in prekären Lebenssituationen
- Auseinandersetzung mit den eigenen politischen Anliegen
Zielgruppe: Menschen in prekären Lebenslagen
Beschreibung:
Unter dem Titel „LaTaWa – alles klar?“ wurden im Zeitraum von Januar bis März 2022 insgesamt drei Live-Online-Veranstaltungen jeweils in Kooperation mit einem regionalen Bildungszentrum durchgeführt.
Die Live-Online-Veranstaltungen begannen mit einem einführenden Vortrag der Landeszentrale für politische Bildung. Im Anschluss hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit, über unterschiedliche landespolitische Themen zu sprechen. Zum Abschluss wurde mit Gästen aus dem öffentlichen und politischen Leben diskutiert, welche Gründe eigentlich für eine Wahlbeteiligung sprechen.
Die Veranstaltungen waren offen für alle Interessierten, richteten sich aber explizit an Menschen in prekären Lebenslagen und Fachkräfte, die mit bildungsbenachteiligten Menschen arbeiten. Für die Teilnahme wurden keine Vorkenntnisse vorausgesetzt. Die Teilnehmenden wurden dazu ermutigen, ihr Recht auf politische Teilhabe wahrzunehmen und wählen zu gehen.
Einen Einblick in die Veranstaltung gibt dieser Veranstaltungsflyer.
Kooperationspartner
- Für die inhaltliche Gestaltung: Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg
- Für die Gewinnung der Zielgruppe und die Umsetzung: Bildungswerk der Erzdiözese Freiburg, Bildungszentrum Mosbach, Bildungszentrum Waldshut und Evangelische Erwachsenenbildung Hochrhein-Markgräflerland
Ziel: Entwicklung eines E-Learning-Formats politischer Erwachsenenbildung zum Thema Arbeit und den damit verbundenen politischen Dimensionen
Zielgruppe: Menschen in prekären Lebenslagen, insbesondere erwerbslose Menschen im ALG-II-Bezug und Fachkräfte der Sozialen Arbeit
Beschreibung:
Auf die Einschränkungen durch die Corona-Pandemie reagierte das Projekt mit der Entwicklung eines digitalen Formats der politischen Erwachsenenbildung zum Thema Arbeit in Kooperation mit dem Bildungswerk der Erzdiözese Freiburg, der Fachstelle Medien der Diözese Rottenburg-Stuttgart und der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg.
Der E-Learning-Kurs richtet sich insbesondere an erwerbslose Menschen im ALG-II-Bezug. Die Teilnahme kann im Rahmen einer Maßnahme zur beruflichen Weiterbildung nach §16 SGB II verpflichtend erfolgen. Am Ende der Durchführung erhalten die Teilnehmenden ein Zertifikat als Nachweis über die Teilnahme.
Für die Durchführung eines Moduls werden etwa 30-45 Minuten benötigt. Insgesamt gibt es vier Module:
- Was genau ist Arbeit?
- Warum arbeiten wir?
- Wie viel ist Arbeit wert?
- Wie wollen wir (in Zukunft) arbeiten?
Der Online-Kurs kann zeitlich unabhängig von anderen Teilnehmer*innen durchgeführt werden. Dennoch gibt es die Möglichkeiten der Interaktion mit anderen Teilnehmer*innen durch eine digitale Pinnwand.
Das Digitalformat zielt primär auf die Wissensvermittlung. Die entsprechenden Inhalte werden niedrigschwellig und spielerisch vermittelt. Zudem erhalten die Teilnehmer*innen die Gelegenheit, die eigene berufliche Situation und persönliche Motivationsfaktoren mit Blick auf ihren Arbeitsalltag zu reflektieren. Die explizite Beschäftigung mit der Stigmatisierung bestimmter Berufsgruppen und von durch Arbeitslosigkeit betroffenen Menschen bietet den Teilnehmenden auch einen Raum, sich mit individuell empfundene Abwertungserfahrungen auseinanderzusetzen. Der Kurs kann eigenständig oder in Begleitung durch Sozialpädagog*innen durchgeführt werden.
Fachkräfte der Sozialen Arbeit hatten im Rahmen von Train-the-Trainer-Schulungen die Möglichkeit, den Kurs kennenzulernen.
Alle Materialen sind frei zugänglich auf der Internetseite der keb DRS zur Verfügug gestellt.
Einen Einblick in den E-Learning-Kurs geben der Kursflyer und ein Informationsvideo.
Kooperationspartner
- Für die Entwicklung, inhaltlich-didaktische Umsetzung sowie die Vernetzung/Train-the-Trainer-Schulungen: Bildungswerk der Erzdiözese Freiburg
- Für die Umsetzung: Fachstelle Medien der Diözese Rottenburg-Stuttgart
- Für die Bereitstellung und technische Begleitung: Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg
- Für die Gewinnung der Zielgruppe: Jobcenter in Baden-Württemberg, Sozialunternehmen Neue Arbeit in Stuttgart, Caritas-Verbände, Betriebsseelsorge, Gefängnisseelsorge
Herausforderungen im Kontext aufsuchender Demokratiebildung
Als bleibende Herausforderungen stellten sich im Laufe des Projekts dar:
bzw. die Spannung zwischen der Fokussierung auf die im Projekt angepeilte Zielgruppe und eine Ausrichtung der Angebote an deren Lebenswirklichkeiten und -situationen auf der einen Seite und dem demokratiepädagogischen Anliegen, einen gemeinschaftlichen Dialog anzustoßen und dabei ganz verschiedene Menschen auch milieuübergreifend ins Gespräch zu bringen auf der anderen Seite
bzw. die Spannung zwischen dem Anliegen, offene Formate zu entwickeln, die genug Raum lassen, um auf die Lebenswirklichkeit und -situation der Menschen eingehen zu können, und der Definition klarer Zielsetzungen
Die Sensibilisierung für und der Abbau von institutionellen Barrieren, die bildungsbenachteiligten Menschen Teilhabechancen verwehren, erwies sich im Projektverlauf als zentrale und langfristige Herausforderung, an der es dranzubleiben gilt. Befristete Projekte können in diesem Zusammenhang eine wichtige „Türöffner“-Funktion haben, sind aber nicht in der Lage entsprechende Prozesse langfristig und nachhaltig zu begleiten.
Als besonders schwierig erwies sich die digitale Umsetzung aufsuchender Bildungsangebote für Menschen in prekären Lebenslagen. Oft fehlten ein niedrigschwelliger Zugang zu technischen Endgeräten, Internetzugang sowie entsprechende EDV-Kenntnisse.